16.09.2020 EHINGER TAGBLATT

EU-Klimaziele Burgmaier-Chef und CDU-Abgeordnete Kemmer plädieren für mehr Zurückhaltung und verweisen auf die Krise durch die Pandemie. Die SPD-Abgeordnete Mattheis sieht es anders.

Die EU-Kommission um ihre Päsidentin Ursula von der Leyen (CDU) plant, die Klimaziele der EU zu verschärfen, unter anderem sollen die Vorschriften hinsichtlich Abgasausstoß ausgeweitet werden (wir berichteten). Eine Meldung, die Schockwellen durch die Autobranche jagte.

Karl-Hugo Schick, Geschäftsführer des Allmendinger Autozulieferers Burgmaier,  zeigt sich auf Anfrage dieser Zeitung nicht eben begeistert:  „Die aktuellen – bereits sehr ehrgeizigen – Umweltziele der EU sind richtig und wichtig. Eine weitere Verschärfung dieser Ziele geht zu weit.“ Man dürfe nicht vergessen, dass sich die Wirtschaft und damit auch die Automobilindustrie durch Corona in der schwersten Krise der letzten Jahrzehnte befänden. „Die Unternehmen müssen neben der Überwindung der Corona-Krise die Zeit und die Möglichkeit haben, den Transformationsprozess zu schaffen.“ Überspanne man den Bogen jetzt, gingen unter Umständen tausende Jobs verloren.

Gerade mittelständische Unternehmen, die der Rückhalt der deutschen Wirtschaft sind, dürften jetzt nicht überfordert werden. „Profitieren würden andere Länder und Weltregionen, in denen sogar die Treibhausgasemissionen weiter steigen“, meint der Burgmaier-Geschäftsführer.

Einen vergleichbaren Ton schlägt die CDU-Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer an, wenn sie sich auf Nachfrage klar dafür ausspricht, dass bestehende CO2-Vorgaben für Fahrzeuge beibehalten würden. „Viele Hersteller haben in diesem Bereich schon hohe Investitionen getätigt und Erfolge erzielt. Wir brauchen aber auch Planbarkeit und Verlässlichkeit. Alternative Antriebe müssen gefördert werden, dabei muss die Politik aber technologieoffen bleiben“, teilt Kemmer mit. Die Autoindustrie habe „zweifelsohne“ Fehler gemacht. Sie bleibe aber auch mit Blick auf zahlreiche Zulieferer eine Schlüsselindustrie für Deutschland.

Kemmer macht andererseits klar: Der Kampf gegen den Klimawandel sei für unsere Zukunft entscheidend, es gelte, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. „Unsere Wirtschaftskraft wird künftig auch eng mit unseren Erfolgen im Klimaschutz verbunden sein“, glaubt Kemmer. Die Corona-Krise habe auch die Mobilität der Menschen nachhaltig verändert. Es gebe weniger Geschäfts- und sonstige Reisen. „Neue digitale Geschäftsmodelle werden dabei helfen, unnötige Fahrten in Zukunft zu vermeiden“, schätzt die Abgeordnete.

 Die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis plädiert dafür, dass sich die Autobranche den Anforderungen der Klimaziele anpassen  muss. „Entgegen den Erwartungen hat die Bundesregierung im Konjunkturpaket 2020 keine Förderung von herkömmlichen Verbrennungsmotoren beschlossen, sondern eine gezielte Förderung von E-Autos“, betont Mattheis und meint: „Diesen Schritt finde ich richtig.“ Wenn die Autobranche wettbewerbsfähig bleiben wolle, müsse sie in zukunftsfähige Technologien investieren und das bedeute ganz klar klimaneutrale Abgastechnologie, macht die Bundestagsabgeordnete deutlich.

„Was wir als Politik tun sollten, ist zunächst, den Abbau von Subventionen für den individuellen Straßen- und Güterverkehr vorantreiben“, meint Mattheis. Als Beispiele nennt sie die schrittweise Angleichung der Besteuerung von Diesel und Benzin, die Kopplung der Dienstwagenbesteuerung an den CO²-Ausstoß und die Einführung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen. „Das sind alles Dinge, die zeigen, welchen Weg wir als Gesellschaft gehen sollten, wenn wir das 1,5 Grad-Ziel ernst nehmen“, meint sie. „Eine Stütze durch Steuergelder für eine notleidende Branche schließe ich nicht generell aus, aber hier gilt: Wer das Geld gibt, der bekommt auch Mitspracherechte.“