25.07.2023

Nach dem verheerenden Brand im Februar hat die Geschäftsführung jetzt Entscheidungen getroffen. Was mit den Mitarbeitern passiert und wie es für das Unternehmen weitergeht.

Die Firma Burgmaier Technologies wird auf absehbare Zeit keine Produktion an ihrem bisherigen Hauptsitz Allmendingen aufbauen. Auch die Verwaltung wird in Laupheim bleiben. Das hat Burgmaier–CEO Karl–Hugo Schick am Dienstagmorgen deutlich gemacht.

Wirtschaftlich gehe es dem Unternehmen nach der verheerenden Brandkatastrophe vom Februar dieses Jahres gut — die Zeichen stünden wieder auf Wachstum.

Schwierigkeiten am bisherigen Standort

„Der Hauptgrund liegt einfach darin, dass wir das Grundstück dort nicht mehr mit einer Produktion bebauen können. Das sieht die Gemeinde übrigens auch so“, sagt Schick, der damit deutlich macht, dass ein Wiederaufbau zwischen der Springe, der kleinen Schmiech und eben der Bundesstraße 311 am Ortsausgang von Allmendingen Richtung Schmiechen ausgeschlossen ist, auch weil heutzutage eine Genehmigung dort für einen Neubau unter anderem wasserrechtlich einfach schwieriger sei.

Auch andere Flächen in Allmendingen, wie beispielsweise ein Grundstück im Bereich Schwenksweiler, kommen aktuell für das Unternehmen nicht infrage. „Wir konzentrieren uns nun auf unsere beiden Standorte in Laupheim und der Slowakei, an beiden Werken können wir noch rund 80 Prozent zusätzliche Kapazitäten aufbauen“, erklärt Schick, die nötigen Flächen seien vorhanden. Auch einen Aufbau der Verwaltung in Allmendingen plant Burgmaier nicht. „Es wäre weder organisatorisch, noch wirtschaftlich sinnvoll, nur die Verwaltung der Burgmaier–Gruppe wieder in Allmendingen anzusiedeln. Wir haben die Verwaltung nach dem Brand erfolgreich nach Laupheim verlagert und planen, diese auch dort zu belassen“, macht Schick deutlich.

Zum Zeitpunkt des Brandes hat Burgmaier am Allmendinger Standort in der Produktion und Verwaltung 251 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. „Trotz der Tatsache, dass die Burgmaier–Gruppe durch den Brand um gut 30 Prozent geschrumpft ist, versuchen wir so viele Mitarbeitende wie möglich weiter zu beschäftigen. Wir haben — Stand heute — insgesamt 108 Mitarbeitende aus Allmendingen in Laupheim und der Slowakei weiter beschäftigen können, davon sind 30 Mitarbeitende aus den Bereichen Verwaltung und Vertrieb“, sagt Schick.

Rund 40 Mitarbeiter hätten das Unternehmen seit dem Brand verlassen, gut 100 Mitarbeiter aus Allmendingen seien immer noch freigestellt, deren Lohn und Gehaltszahlungen zudem gesichert.

Betriebsbedingte Kündigungen

„Wir haben derzeit in Laupheim rund 20 freie Stellen, können diese aber trotz intensiver und individueller Ansprache nicht durch freigestellte Mitarbeiter aus Allmendingen besetzen“, sagt Karl–Hugo Schick. Die Nachricht, dass es nun am Allmendinger Standort nicht weitergeht, schürt indes bei Schick die Hoffnung, dass es sich der eine oder andere Mitarbeiter doch noch überlege, in Laupheim für Burgmaier tätig zu sein.

„Ansonsten werden wir diese Stellen extern besetzen müssen“, so Schick. Mit Blick auf die übrigen freigestellten Mitarbeiter könnten betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen werden — sie werden sich wohl nach neuen Stellen auf dem Arbeitsmarkt umsehen müssen.

Sein Finanzchef Marco Lancuba (CFO) ordnet derweil die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ein, das bis zum Brand Anfang Februar in Allmendingen in Sachen Produktion „auf Volllast“ gelaufen ist. „Wir haben nach dem Brand rund 80 Prozent unserer Umsätze in Allmendingen verloren. Es ist in der Automobil–Industrie einfach nicht möglich, in solch einer Situation alle Kunden zu halten“, sagt Lancuba. Denn die Produktionsbänder der großen Autohersteller stehen nicht still — auch nicht, wenn bei einem ihrer Zulieferer die Produktion bis auf die Grundmauern abbrennt.

„20 Prozent unseres Allmendinger Umsatzes konnten wir über die Werke in Laupheim und der Slowakei halten. Wir haben schnell die passenden Maschinen auf dem Markt kaufen können“, sagt Lancuba, der betont, dass die beiden Werke derzeit „gut ausgelastet“ sind.

Blick auf die Zukunft gerichtet

Allgemein stehen die Weichen bei der Burgmaier–Gruppe mit seinen bisher insgesamt rund 600 Mitarbeitenden gut sechs Monate nach der Allmendinger Katastrophe auf Wachstum. „Wir sind in der Akquise von neuen Kunden, stellen neue Produkte her und befinden uns sowieso mitten in einem Transformationsprozess“, erklärt Lancuba, der sehr zuversichtlich ist, dass die Burgmaier–Gruppe in den kommenden Monaten und Jahren wieder wachsen wird. „In der gesamten Gruppe liegen wir wieder bei einem Volumen von 70 Prozent im Vergleich zu vor dem Brand“, sagt Lancuba.

Dabei möchte der Hersteller von Präzisionsteilen zwar auf durch den Brand verlorene Kunden zugehen, aber auch völlig neue Branchen und Geschäftsfelder erschließen, wie Karl–Hugo–Schick deutlich macht. „Wir sind eben trotz des Brandes immer noch mitten in unserem Transformationsprozess. Wir blicken strategisch in die Zukunft, dazu gehört auch beispielsweise die Elektromobilität“, so Schick, der den zukunftsträchtigen Bereich des 3D–Drucks allerdings aufgeben musste.

„Das war eine schwierige Entscheidung, weil dies ein strategisch wichtiger Bestandteil gewesen ist. Aber wir haben dafür derzeit schlichtweg keinen Platz“, sagt Schick, der „sehr konkrete Vorstellungen der Zukunft“ hat, diese aber auch in der extremen Wettbewerbssituation, in der sich das Unternehmen befinde, noch nicht konkretisieren möchte.

Für Karl–Hugo Schick hat sich die Nacht der Allmendinger Katastrophe tief in sein Gedächtnis eingebrannt. „Das alles ist und bleibt eine unvergessliche Katastrophe für alle Beteiligten. Für unsere Mitarbeiter, unsere Kunden und natürlich auch für mich und meine Familie“, sagt Schick, auf den bereits am Tag nach dem Brand „völlig neue Aufgaben“ zugekommen sind.

„Wir mussten uns plötzlich mit Themen wie Versicherungen, Gutachten und Sachverständigen auseinandersetzen. Wir mussten mit Kunden und Lieferanten sprechen und haben daher auch sofort nach dem Brand eine Task–Force gegründet. Dieser Krisenstab mit Sitz in Laupheim wurde in verschiedene Themengebiete aufgeteilt“, so Schick, der nun aber deutlich macht, dass sich der Fokus des Unternehmens von der Krisenbewältigung hin zur Weiterentwicklung der Firma richtet.

In den vergangenen sechs Monaten ist also viel, sehr viel sogar auf den geschäftsführenden Gesellschafter von Burgmaier eingebrochen. „Ich habe in der Zeit Entspannung vor allem bei meiner Familie gefunden. Gut abschalten kann ich immer noch beim Joggen, am liebsten um den Schmiechener See“, sagt Schick, der zumindest seinen Lebensmittelpunkt weiterhin in der Gemeinde Allmendingen sieht.

Erkenntnisse zur Brandursache

„Das Brandgutachten, das unsere Versicherungen in Auftrag gegeben haben, liegt vor“, erklärt der Burgmaier–Chef. Ohne aus dem Gutachten bereits zitieren zu können, komme dieses insgesamt zu dem Ergebnis, „dass die Firma Burgmaier keine Verantwortung an der Katastrophe habe“. Eine gute Nachricht für das Unternehmen, denn da die Firma offenbar keine Schuld treffe, hätten die Versicherungen die Vorbehalte der Zahlungen aufgelöst, so Karl–Hugo Schick. Dem Vernehmen nach sei der Brand in einem Blockheizkraftwerk der Firma ausgebrochen. Im weiteren Verlauf brannte die gesamte Fabrikhalle.

Oberstaatsanwalt Michael Bischofberger der Staatsanwaltschaft Ulm bestätigt auf Nachfrage, dass das Privatgutachten der Versicherungen seit Dienstag vorliege. „Es wurde aber noch nicht geprüft.“ Zudem habe die Staatsanwaltschaft einen eigenen Brandsachverständigen vom Landeskriminalamt (LKA) beauftragt.

Erst wenn das LKA–Gutachten im Laufe des Sommers vorliege, könne eine Bewertung vorgenommen und Schlussfolgerungen gezogen werden, so Bischofberger. Möglich sei, dass die Gutachten zu abweichenden Ergebnissen kommen. Auch könnten dann weitere Ermittlungen notwendig sein, um gegebenenfalls eine verantwortliche Person ausfindig zu machen.

Bürgermeister ist nicht überrascht

Was heißt es eigentlich für die Gemeinde Allmendingen, dass die Firma Burgmaier sich perspektivisch aus dem Ort zurückzieht? „Es kam für uns nicht unbedingt überraschend, dass sich Burgmaier so entscheiden wird“, erklärt Allmendingens Bürgermeister Florian Teichmann. Im Gemeinderat habe man schon vorab über das Thema gesprochen und aufgrund der Gewässersituation wäre ein Wiederaufbau am bisherigen Standort „eine Herausforderung gewesen“, so der Bürgermeister.

Eine Produktion auf mehreren Etagen wie bisher, bedingt durch die engen Platzverhältnisse, sei natürlich „alles andere als ideal“, erklärt Teichmann. Ein neuer Standort wäre unweit der Firma Rampf im Gewerbegebiet Schwenksweiler möglich gewesen, aber da befinde man sich noch im Bebauungsplanverfahren und könne schwer abschätzen, wie lange es noch dauert.

„Wenn man die Umstände betrachtet hat, musste man also befürchten, dass es zu der Entscheidung kommen wird“, sagt der Bürgermeister, der betont: „Es ist natürlich nicht schön, dass so viele Arbeitsplätze bei uns verlorengehen. Und es wird natürlich eine Lücke reißen in die Unternehmerlandschaft in Allmendingen.“ Er hoffe, „dass es für die Mitarbeiter, für die es erst einmal keine Perspektive gibt, eine schnelle Lösung gibt“.